Langzeitbelichtungen

Langzeitbelichtung – was, warum, weshalb, wieso und wie!

  1. Was sind Langzeitbelichtungen?
    Von Langzeitbelichtung wird in der Fotografie ab einer Belichtungszeit von mehreren Sekunden gesprochen. (Wikipedia)
  2. Warum, weshalb, wieso?

LZBs werden eingesetzt weil

  • es dunkel ist und man keine weitere Lichtquelle zur Verfügung hat oder nicht benützen möchte
  • die Ausrüstung sehr ‚lichtschwach‘ ist, z. B. Lochblende und nur über die Zeit eine ausreichende Belichtung erzielt werden kann
  • weil man das Bild mittels der Langzeitbelichtung gestalten möchte

Welche gestalterischen Effekte gibt es:

  • Visualisierung von Bewegung: sich bewegende Bildelemente werden unscharf, der Rest scharf abgebildet.
    Beispiele: Wasser (Brandung, Wasserfall) , fahrende Autos, Menschen, Karussell, Wolken, Sterne ….
  • Vereinfachen der Komposition: sich schnell bewegende Objekte kann man verschwinden lassen (störende Touristen vor einem Gebäude).
    Ebenso störende Strukturen, wie z. B. die unruhige Wasseroberfläche. Dies kann helfen, einfache, klare bis minimalistische Kompositionen zu erstellen.
  • Das Bild bekommt einen andern „Look‘“: der Bildeindruck ist ungewohnt, leicht irritierend … dies kann dadurch Interesse wecken und zu einer eingehenden Beschäftigung des Betrachters mit dem Bild führen. Aber Achtung: Dieser Effekt kann sich schnell abnutzen und sollte keine gute Komposition ersetzen !!

3. Wie

Ausrüstung

o Stativ

o Fernauslöser, Kabel oder IR oder Funk. Ideal: mit Timerfunktion
o Graufilter (ND, neutrale Dichte) – und zwar recht starke. Entweder runde, zum Einschrauben – oder eckige (Cokin oder Lee – System) zum Stecken. Empfohlene Stärken sind:

ND 1,8 – Verlängerungsfaktor 64 und ND 3,0 – Verlängerungsfaktor 1000. Variable Graufilter würde ich nicht empfehlen, sie führen leicht zu uneinheitlicher Abdunklung (Flecken).

Evtl. noch dazu: Polfilter, Verlaufsfilter

Wie lange sollte man belichten:

Das hängt natürlich von dem gewünschten Effekt und der Geschwindigkeit ab, mit der sich das Objekt bewegt. Ein paar Orientierungswerte:

o Fließendes Wasser, Wasserfall: wenige Sekunden, evtl. weniger als 1 Sekunde

o Stehendes Wasser, See, Meer: 20 sec – 2 min

o Wolken: 30 sec bis 10 min – abhängig vom Wind

Was gibt es zu beachten:

Es geht jetzt alles sehr manuell und langsam zu, vergesst die Automatiken – back to basics

o Die starken ND Filter sind richtig dunkel !! Der normale Autofokus funktioniert nicht mehr. Von einem Sucherbild kann nicht mehr die Rede sein. Eventuell kann man mit den AF über Liveview noch was machen. Man sollte aber davon ausgehen, Komposition und Fokus festzulegen, bevor man die Filter aufschraubt bzw. einsteckt (daher sind hier die eckigen im Vorteil). D.h. auch den AF dann ausschalten.

o Belichtungsmessung durch starke ND Filter funktioniert nicht zuverlässig. D.h. ohne Filter manuell einstellen und umrechnen (wer rechnen kann, ist klar im Vorteil, wer eine Tabelle oder ein Smartphone hat, noch mehr :-). Eventuell Testaufnahmen bei hohen ISO Werten machen (wg. der kürzeren Zeit) und dann auf niedrige Werte umstellen und die Zeit verlängern.

o Wo wir schon mal beim Ausschalten sind: Bildstabilisator aus ! Sonst versucht der Gute, verzweifelt ein Wackeln zu erkennen, und da er keines findet, generiert er es !!! Kein Witz – hat mir schon etliche Bilder versaut. Nicht alle Objektive verhalten sich identisch, aber anstatt sich das alles einzeln zu merken, generell ausschalten !

o Wenn möglich Spiegelvorauslösung aktivieren, insbesondere bei der Verwendung von längeren Brennweiten und eher kürzeren Belichtungszeiten. Alternative – mit Liveview fotografieren.

o Fotogarfiert wird oft/meist im B (Bulb) Modus. Die Kamera macht meist bei 30 sec Schluss, und die Automatik funktioniert ja sowieso nicht so recht. Dabei ist eine Timerfernbedienung praktisch, da man die Zeit vorher einstellen kann und nicht mehr eingreifen muss, um Belichtung zu stoppen.

o Farbstich: Bei starken ND Filtern kommt es zu einer falschen Wiedergabe der Farbtemperatur. Dies kann in der Nachbereitung korrigiert werden, evtl. auch schon über die WB Einstellung vor der Aufnahme.

o Okular abdecken: Wenn das Objektiv stark abgedunkelt ist (Filter), kann das – durch das Okular eindringende – Licht die Aufnahme beeinflussen, eventuell nicht sehr stark, aber dennoch sichtbar.

o Bei Nachtaufnahmen kann man einzelne Bildbereiche, wenn gewünscht, aufhellen, z.B. mit einer Taschenlampe. Hilft auch gegen Langeweile !

o Long Exposure Noise Reduction: Eine Funktion, die einige Kameras bieten. Bei langen Belichtungen kann es, wegen der Erwärmung des Sensors, zu verstärktem Rauschen und zu Hotpixeln kommen. Dies versucht man damit zu kompensieren, dass zu der eigentlichen Aufnahme noch eine ‚schwarze Belichtung‘ gemacht wird, mit der gleichen Zeit – aber ohne Bild. Deren Rauschen wird dann aus der eigentlichen Aufnahme herausgerechnet. Dies hat eine Verdoppelung der Zeit zur Folge, die Ihr für jede Aufnahme braucht, was bei Belichtungszeiten von 5 – 30 Minuten oder mehr nicht trivial ist. Überlegen / ausprobieren ob es das Wert ist.

o Genügend und geladene Batterien: LZBs saugen ganz ordentlich an den Akkus.

o Überlegt Euch, was ihr während der Belichtungen anstellt – lesen, essen, mit anderer Kamera fotografieren, telefonieren etc … kann sonst langweilig werden.

Tabelle zur Umrechnung der Belichtungszeiten:

TIPP:
Für das iPhone gibt es die kostenlose App „Longtime Exposure Calculator“.
Hier stellt man die Belichtungszeit ein, die sich ohne Filter ergibt, sagt der App welchen Filter (z.B. 3 F-Stops) man drauf hat und es wird die Belichtungszeit mit Filter berechnet.

Einige Facetten der Langzeitbelichtung zeigt Volker Jäger hier: